Die Antworten auf unsere Initiative für eine Feministische Substanz im Parteiprogramm in der Reihenfolge ihres Eingangs:
1. Frigga Haug
2. Halina Wawzyniak
3. Kersten Artus
4. Caren Lay (unveröffentlicht)
5. Conni Möhring
6. Gabi Ohler, Ulrike Zerhau, Katja Kipping, Regina Stosch
Datum: 31. März 2011 19:35:15 MESZ
Betreff: Re: LISA Brief Programmdebatte
liebe Initiatorinnen des Projekts - "mehr feministische Substanz in die Programmdebatte". Sie erreichte mich zwischen zwei Tagungen und kurz befristet auf heute 18 uhr - jetzt ist es halbacht. es ist also ohnehin zu spät.
Aber auch insgesamt finde ich, dass wir auf keinen Fall unsere Initiative "Kämpfe um Zeit", die wir seit veilen Monaten erarbeitet und mit viel Engagement und Arbeit abgestimmt haben, vielfach öffentlich zur Diskussion gestellt und die nun von vielen Landesverbänden, Gruppen, Initiativen, Einzelpersonen aus allen Strömungen getragen wird, die also jetzt einen Schritt ins Realisierbare getan hat, dadurch gefährden, dass wir plötzlich eine neue Initiative aus dem Boden stampfen und unterzeichnen. Sehr viel stärker wäre es, ihr könntet euch auch als lisa entschließen, den unter Präambel, Kämpfe um Zeit eingereichten Änderunsgantrag mit zu unterstützen - was euch an ihm nicht ausreichend erscheint, ließe sich ja von euch in einzeländerungsanträgen nachreichen.
solidarische grüße
frigga haug
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Von: "Halina Wawzyniak"
Datum: 31. März 2011 13:22:52 MESZ
liebe christiane,
ich freue mich, dass du mir geschrieben hast. nach der vorlage
meines alternativen programmentwurfes habe ich mich aber
entschieden, zunächst keine weiteren anträge einzureichen. das heißt
aber nicht, dass ich nicht bei entsprechenden anträgen richtig
abstimmen werde.
solidarischer gruß halina
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Datum: 1. April 2011 18:46:47 MESZ
Betreff: Re: LISA Brief Programm.doc
Liebe Christiane,
vielen Dank für deinen Brief und dür deine Initiative. Ich hatte bislang den Eindruck, dass alle feministischen Entwürfe, die ich zum Parteiprogramm gelesen haben, bzw. versucht habe, zu lesen, vor allem viel zu lang und zu "schwulstig" geschrieben waren. Ich mag vor allem die klare und verständliche Sprache. Ich verweigere mich gegenüber jeder Ungenauigkeit, die zuviel Interpretationsspielraum zulässt und lyrisch wirkt. Sollte es gelingen, einen sprachlich-pragmatischen Entwurf zu vereinbaren, der den Umfang des Programms nicht verdoppelt und mit dem sich auch alle möglichst alle anderen identifizieren können in usnerer sehr pluralen Partei, wird uns mit Sicherheit ein gemeinsamer Text gelingen. Mir ist es wichtig, dass die Kapitalismuskritik bleibt und die Systemüberwindung; dass die Eigentumsfrage gestellt wird und dass der Arbeitsbegriff nicht verschwurbelt wird. Es muss bleiben, dass er - weil wir im Kapitalismus leben - als Lohnarbeit definiert. Mir hat sehr gut ein Text von Heinz Bierbaum zum Arbeitsbegriff gefallen, der im vorigen "Sozialismus" stand.
wichtig wären zudem die Punkte:
- Rolle der Frauen im Antifaschismus
- Abschaffung § 2t8 StGB
- Anprangern der Häuslichen Gewalt als archaisches Machtinstrument gegenüber Frauen.
Lieben Gruß, Kersten
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Von Conni Möhring, 11. April, 19:20
Liebe Lisa Frauen, ich komme erst jetzt dazu zu antworten. Und leider nur kurz.
Ich finde solche Anliegen, dass alle Frauen sich einigen, grundsätzlich sehr schön, weiß um ihre Bedeutung. Aber auch Widersprüche und unterschiedliche Positionen, Meinungen , kontroverse Standpunkte und Linien in einer grundsätzlichen Debatte wie bei einem Parteiprogramm sind nicht schlimm. Die öffentliche Debatte der Unterschiede hilft zu klären und stärkt Erkenntnis -‐ und Lernprozesse.
Für das Ziel, bis zur PV Sitzung eine ␣Einigung␣ herbeizuführen, halte ich den Zeitpunkt für zu spät und zu früh zugleich.
Wir diskutieren bereits seit 2007 in einem offenem Prozess über feministische Anforderungen an ein linkes Parteiprogramm.
Seitdem haben einige Tagungen stattgefunden, wir haben uns beim Programmkonvent eingebracht, die Bundesfrauenkonferenz hat eine Resolution verabschiedet, die sehr breit getragen wird. Mehrere Landesparteitage und Landesvorstände, der Bundesauschuss und Einzelpersonen haben die Resolution unterstützt.
Auch die alternative Präambel mit der wir zugleich den Faden für das Einschreiben feministischer Positionen in das folgende Programm ermöglichen, hat einen sehr großen UnterstützerInnen Kreis. Im übrigen auch viele LISA Frauen, ansonsten strömungsübergreifend und lange diskutiert. Auch hier haben sich Vorstände unterstützend angeschlossen.
Entscheidend finde ich aber, die Resolution der Bundesfrauenkonferenz, hinter deren Positionen es meiner Meinung kein zurück geben kann. Keinen neuen Punkt 0, wie beim Lisa Bundestreffen dazu vorgeschlagen wurde. Wenn, wie es dort hieß, die Resolution nicht Grundlage der ␣Einigung␣ sein kann, halte ich den Zeitpunkt und das Verfahren für viel zu spät.
Sollte der PV (bzw die Redaktionskommission) die dort genannten Punkte und von so vielen Gremien und Personen unterstützten, nicht aufnehmen -‐ dann haben wir ein größeres Problem als wir bisher erahnen. Und dann, wäre ich dafür, unsere Rechte zu nutzen und bei der PV Sitzung ein Frauenplenum durchzuführen und ein weiteres Vorgehen zu besprechen. Deshalb halte ich es vorher wiederum für zu früh.
Sollte das Treffen zustande kommen, werde ich mich einer Diskussion natürlich nicht verschließen. Ich bin ab 15.5. wieder im Lande und komme dann gerne.
Solidarische Grüße
Conni Möhring
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12.04.2011
Gabi Ohler, Ulrike Zerhau, Katja Kipping, Regina Stosch
Liebe Christiane, liebe LISA-Frauen,
leider kommen wir erst jetzt dazu, Euch zu antworten.
Wie Ihr sind wir der Meinung, dass wir mehr feministische Substanz im Leitantrag und letztlich
auch im Programm brauchen. Diese Gemeinsamkeit wurde ja auch auf der Parteivorstandssitzung
im März deutlich.
Schon länger wird über feministische Anforderungen an ein linkes Programm diskutiert. Es
gab die Bundesfrauenkonferenz mit ihrer Resolution, einige Einzelbeiträge und die Beiträge
auf dem Hannoveraner Parteikonvent, die z.B. den Arbeitsbegriff erweitert sehen wollten.
(Dies wird übrigens ausdrücklich durch Parteitagsbeschluss vom Landesverband Thüringen
und durch einen Landesvorstandsbeschluss von Sachsen unterstützt.)
Im Rahmen des Diskussionsprozesses ist ein Präambel-Entwurf entstanden, der von zahlreichen
Frauen unterstützt wird. In den hier formulierten „Kämpfen um Zeit“ sind u.E. wesentliche
feministische Ansprüche formuliert, die grundlegend und hinsichtlich ihrer gesellschaftsverändernden
Substanz aussagefähig sind.
Nun können wir uns vorstellen, dass diese Präambel aus den unterschiedlichsten Gründen
nicht von allen Frauen mitgetragen wird. Den einen von uns ist sie vielleicht zu lang oder wir
finden ihn sprachlich, im Stil nicht einem Programm angemessen, die anderen wollen den
Text nicht als Präambel, sondern an anderer exponierter Stelle , wieder andere wollen inhaltliche
Straffungen, Ergänzungen oder Streichungen.. Daran sieht man aber auch, dass es schwierig
werden wird, uns alle unter einen Hut zu bekommen.
Wir sind der Meinung, dass wir hinsichtlich der von uns allen gewollten feministischen Substanz
nicht gegeneinander arbeiten sollten, Ihr formuliert in eurem Schreiben dasselbe Anliegen.
Wir glauben allerdings nicht, dass wir wieder am Punkt Null anfangen sollten und es uns
auch zeitlich nicht leisten können, alle bisherigen Diskussionen, Papiere und Beschlüsse zu
ignorieren,
Deshalb sind wir dafür, ausgehend von dem bisher eingereichten Vorschlag zu diskutieren,
Änderungen – durchaus auch gravierende - zu vereinbaren und diese in die Parteivorstandssitzung
im Mai einzubringen. Wir werden dann sehen, wie sich der Gesamt-PV zu feministischen
Anforderungen des Parteiprogramms verhält. Sollten wir dort keine wesentliche feministische
Substanz in den Leitantrag hinein bekommen, haben wir tatsächlich ein gemeinsames
Problem, das es mit neuen gemeinsamen Initiativen zu bewältigen gibt.
Auf jeden Fall sollten wir gemeinsam ein gut vorbereitetes Frauenplenum organisieren, auf
dem ggfs. ein Beschluss für einen entsprechenden Änderungsantrag auf dem Parteitag fasst
werden kann.
Mit solidarischen Grüßen
Gabi Ohler, Ulrike Zerhau, Katja Kipping, Regina Stosch