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 VOLKSABSTIMMUNGEN ZUR EU-VERFASSUNG

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christiane




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BeitragThema: VOLKSABSTIMMUNGEN ZUR EU-VERFASSUNG   VOLKSABSTIMMUNGEN ZUR EU-VERFASSUNG Icon_minitimeSo Sep 30, 2007 6:13 pm

Wer hat Angst vor Volksabstimmungen ?

Von der EU-Verfassung zum „Reformvertrag“ – Positionen und Aktionen der Europäischen Linken

Le Roi est mort, vive le Roi! Die europäische Verfassung ist tot – es lebe der Reformvertrag! Mit dieser Heroldsformel wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs durch die Krise der Union lavieren, indem sie die „Substanz“ der gescheiterten Verfassung in den „Reformvertrag“ hinüberretten. Das geht offensichtlich nur ohne und gegen die störrischen Völker, sie werden kurzerhand aus dem Verfahren ausgesperrt.

An diesem Punkt setzt die Europäische Linkspartei und mit ihr DIE LINKE an. Sie fordern das Recht der Völker, über die Zukunft der Union zu entscheiden. Für ein Referendum in allen EU-Ländern wollen sie eine Millionen Unterschriften sammeln.

Zum „Reformvertrag“ selbst sagt die Partei der Europäischen Linken aus inhaltlichen und methodischen Gründen NEIN. Er ist eine Mogelpackung. Inhaltlich weitgehend identisch mit der militaristischen, unsozialen Verfassung, kommt er jetzt als Änderungsvertrag zu bestehenden Verträgen einher. Mit diesem Trick sollen Europaskeptiker etwa in Großbritannien oder den Niederlanden eingefangen und Volksabstimmungen umgangen werden.

Regierungskonferenz statt Verfassungskonvent

Der Verfassungsvertrag war noch von einem Konvent aus Vertreterinnen, Vertretern von Regierungen und Parlamenten und der Europäischen Kommission erarbeitet worden. Das hat der Linken damals schon nicht gereicht. Die Linksfraktion im Bundestag etwa fordert eine gewählte Verfassungsgebende Versammlung. Doch der jetzige „Reformvertrag“ ist Geheimdiplomatie pur. Er wird von einer Regierungskonferenz ausgeklügelt. Das Mandat dazu hat die Konferenz der Staats- und Regierungschefs noch unter der deutschen Ratspräsidentschaft erteilt. Seit Juli liegt ein Entwurf vor. Er soll bis Ende dieses Jahres beschlossen sein. Dann haben die nationalen Parlamente das Sagen. Das Ratifizierungsverfahren soll vor den Europawahlen 2009 abgeschlossen sein.

Konfusion ist politisch gewollt

Schon der alte Verfassungsvertrag war eine Zumutung. Auf 482 Seiten versteckte er Wichtiges zwischen Unwichtigem in einer zerklüfteten Landschaft aus Erklärungen und Protokollen. Der Entwurf zum Reformvertrag ist mit 145 Seiten zwar deutlich kürzer, aber es werden noch zahlreiche Detailbestimmungen hinzukommen. Vor allem: Der „Reformvertrag“ ist kein Text aus einem Guss! Er ist vielmehr eine Ansammlung von Änderungen am Vertrag über die Europäische Union (EUV) und am Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), der bei dieser Gelegenheit umbenannt wird in Vertrag über die Arbeitsweise der Union (VAU). Diese beiden Verträge muss ein interessierter Mensch vor sich haben, um den „Reformvertrag“ zu verstehen. Hier eine Kostprobe aus dem unleserlichen Konvolut: „Als Artikel 97 b wird der bisherige Artikel 4 eingefügt, der wie folgt geändert wird: a) In Absatz 1 werden die Worte ‚und der darin vorgesehenen Zeitfolge’ gestrichen…“ und so weiter und so fort.

Diese Undurchschaubarkeit des „Reformvertrages“ ist gewollt. Denn die Bürgerinnen und Bürger können erheblich stören auf dem Weg zu einer EU als imperialem Block, gleichfalls Partner und Konkurrent der USA, ökonomisch und machtpolitisch.

Die Partei der Europäischen Linken verfolgt einen anderen Weg und ein anderes Ziel. Sie will ein soziales, friedliches Europa mittels Demokratisierung. „Power to the People“ beginnt mit Aufklärung, Debatten, gemeinsamen Aktionen. All das geht in die Forderung nach Volksabstimmungen ein. Sie verbindet sich mit der Frage: Welches Europa wollen wir?

Noch sind die Messen nicht gesungen

Noch ist der Ausgang der Regierungskonferenz nicht gewiss. Mögliche Minen liegen in Europa selbst, etwa: Wird es in Polen Neuwahlen geben? Bleiben die Widersprüche zwischen denen, die mehr Kompetenzen für Brüssel und jenen, die Kompetenzen auf nationale Regierungen/Parlamente rückübertragen wollen zunächst unter der Decke oder brechen sie wieder auf?

Endlich könnte der „Reformvertrag“ noch in den nationalen Ratifizierungsverfahren scheitern. „Bislang gilt die Devise, ein Referendum möglichst zu vermeiden“, schreibt der Think-Tank der Bundesregierung, die Bertelsmann-Stiftung. Unvermeidlich ist es in Irland, möglicher Weise auch in Dänemark, wenn dort weniger als vier Fünftel der Abgeordneten dem „Reformvertrag“ zustimmen. „In Großbritannien, den Niederlanden und Tschechien“, so die Bertelsmann-Stiftung weiter, „gibt es jedoch bereits Stimmen, die eine Volksbefragung fordern. Kommt es in einem dieser Staaten tatsächlich zu einem Referendum, könnte dies gerade in EU-skeptischen Staaten eine ‚Referendumslawine’ auslösen.“ Diese Lawine möchte die Europäische Linke mit ins Rollen bringen.

Christiane Reymann
Mitglied im Parteivorstand der Europäischen Linkspartei


ND, 07.09.2007
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